Wie bekommen Sie es mit einem Satz hin, dass Ihr Tierarzt Sie mit anderen Augen sieht?
„Ja, aber mein Züchter, Ernährungsberater, Tierheilbehandler, Barfberater, Hundeplatztrainer hat gesagt….“
Ein geduldiger und noch nicht komplett verzweifelter Kollege wird jetzt versuchen Ihnen zu erklären, warum er der richtige Ansprechpartner für Ihr Tier ist.
Ein bereits frustrierter und resignierter Kollege wird innerlich die Augen verdrehen und Sie weiterhin machen lassen, was andere „Fachleute“ für richtig halten.
Nach 10 Semestern Tiermedizinstudium, diversen Staatsexamen und zum Teil langen Jahren mit tierärztlicher Erfahrung ist es für viele von uns Tierärzten ein echter Schlag ins Gesicht mit „Fachleuten“ auf eine Stufe gestellt zu werden, die zum Teil wenig bis gar keine Ausbildung haben.
Züchter wird man ganz schnell: Man kreuzt A mit B und rauskommen wunderbare Welpen und schwupp man ist Züchter und hat somit mehr Kompetenz als jeder Tierarzt.
Manchmal denke ich, mein Kind hätte nie einen Kinderarzt benötigt, denn ich habe es ja „produziert“ und bin damit allwissend.
Anweisungen der Züchter an die neuen Herrchen und Frauchen muten manchmal so merkwürdig an, dass sich mir nicht erschließt, wie man nicht sofort schmunzeln oder gar laut lachen muss.
Fütterungspläne mit diversen Zusatzpräparaten, Magerquark, Hüttenkäse in zeitlich genauer und gewissenhaft abgewogener Menge. Mindestens bis zum 1 Lebensjahr keine Treppen laufen und ähnliches geistern durch Anweisungen für Neuhundehalter. Wie haben all die Welpen Jahrzehnte vorher überlebt?
Am schlimmsten erscheint mir jedoch der Ratschlag auf gar keinen Fall bei einer Erkrankung des Tieres sofort zum Tierarzt zu laufen, sondern am besten erst einmal den Züchter zu kontaktieren.
Der Welpe hat Durchfall? Erstmal Karottensuppe kochen, dann den Ernährungsplan überprüfen und ja keine Wurmkur, denn die zerstört die Darmflora. Giardien können ja nicht sein, denn er kommt ja vom Züchter. Tierarztbesuch ist unnötig, dass gibt sich von alleine. Sehen wir dann, wenn der Welpe völlig ausgetrocknet und bis über die Ohrläppchen mit Giardien voll bei uns in der Praxis steht.
Alle gewissenhaften Züchter mögen jetzt gerade auf die Barrikaden gehen und ja es gibt sie.Die Züchter, die Ihre Welpen lieben und einen guten Draht zu Ihrem Haustierarzt haben. Die wissen wieviel Geld und Liebe in einen gut sozialisierten und gesund aufgezogenen Welpen, egal ob Katze oder Hund, stecken. Die ihre Welpenkäufer zwar beraten, aber nicht davon abbringen fachmännische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hut ab vor liebevollen Züchtern, die Ihre Welpen abgeben können und jedesmal eine Träne verdrücken, wenn wieder ein Kind sie verlässt.
Leider erleben wir so etwas nicht nur mit Züchtern, sondern auch mit allen anderen „Fachleuten“ im Tierbereich.
Die Ernährungsberatung, die mal ein Wochenendseminar gemacht oder gar ein Buch dazu gelesen hat und jetzt besser Bescheid weiß als jeder Fachtierarzt für Tierernährung.
Tatsächlich gibt es Kollegen, die genau darauf spezialisiert sind und an die verweisen wir Haustierärzte in den komplizierten Fällen auch deutlich lieber als an Ernährungsberater, von denen kein Qualität oder genormte Ausbildung wie ein Studium oder eine Ausbildung verlangt wird.
Auch hier wieder die Einschränkung, es gibt sicher auch gut ausgebildete und erfahrene Menschen, die aber in keiner Weise identifizierbar sind.
Der Barfshop um die Ecke kann ein Zertifikat raushängen und es waren vielleicht 2 Stunden Fortbildung des Herstellers im Internet. Der Tierheilpraktiker oder Tierheilbehandler ist, im Gegensatz zum Heilpraktiker des Menschen, nicht mal einer Prüfung wert. Es gibt keinerlei Vorraussetzungen, um sich ein Schild in die Tür zu hängen und ab sofort Tierheilbehandler zu sein. Ohne jegliche Auflagen, Dokumentationspflichten und Kontrollen, denen eine gut geführte Tierarztpraxis jedes Jahr nachkommen muss.
Jeder dieser Bereiche wird aus einem Grund angeboten: GELD
Damit wird Geld verdient!
Sehr gutes Geld, denn der Tiermarkt brummt.
Es wird mehr Geld für Futter, Hundebettchen, Leinen, Tierheilbehandler und vieles mehr ausgegeben als beim Tierarzt oder investiert in eine gute Tierkrankenversicherung.
Zusätzlich noch all die Nepper, Schlepper und Bauernfänger, die Ihnen das Geld im Internet, auf Facebook oder anderen Kanälen aus der Tasche ziehen.
Resümee?
Schocken Sie Ihren Tierarzt indem Sie ihm zuhören und seine Fachkenntnis würdigen.
Ja, Sie dürfen sich woanders informieren, aber bitte hinterfragen Sie immer die Ausbildung der „Fachleute“ denen Sie vertrauen.
Sprechen Sie mit dem Haustierarzt Ihres Vertrauens und er wird Ihnen sicher sagen können, welche Informationsquellen seriös und nachvollziehbar sind.
Aber wundern Sie sich nicht, wenn er die Augen verdreht, weil „Mein Züchter hat aber gesagt, dass …!“